Stalking & Kinder

Eine besondere Problematik stellt Stalking dann dar, wenn es gemeinsame Kinder aus der vorangegangenen Partnerschaft gibt. Die besondere Schwierigkeit in derartigen Fällen ergibt sich daraus, dass der vom Stalking betroffene Elternteil den Kontakt zum stalkenden Elternteil gar nicht vollständig abbrechen kann, da dieser noch das Sorgerecht und/oder das Umgangsrecht besitzt und Absprachen hinsichtlich der Übergabe der Kinder bei Betreuungswechsel, bezüglich Kita, Schule, Arztbesuchen usw. getroffen werden müssen. In dem Zusammenhang und anhand von Befragungen der Kinder über die Lebensgestaltung des anderen Elternteils wissen die stalkenden Elternteile viel über die Alltagsroutine der Betroffenen und können diese z.B. an der Schule der Kinder leicht „abgepasst“ werden. Erschwerend hinzukommt in derartigen Fällen, dass für Außenstehende wie auch für die involvierten Ämter und Einrichtungen nicht immer leicht zu unterscheiden ist, in welchen Hinsichten Kinder instrumentalisiert werden und wo legitimes Interesse aufhört und eindeutiges Stalking beginnt. In dem Zusammenhang kann es dazu kommen, dass dem Kontaktwunsch der Person, die stalkt,  ungewollt Vorschub geleistet und das Schutzbedürfnis des Opfers verletzt wird. Gemeinsame Gespräche beim Jugendamt, gerichtliche Auflagen der Mediation, oder Paar- und Familientherapie sind bei Stalking kontraindiziert.

Gleichzeitig muss berücksichtigt werden, dass für den Elternteil, von dem das Stalking ausgeht, der Verlust des/der Partner*in  und die Einschränkungen im Umgang mit dem eigenen Kind als höchst bedrohlich erlebt werden und häufig zu einer existentiellen Krise führen. Ein stark angeschlagenes Selbstwertgefühl, das Erleben von Ungerechtigkeit und die massive Kränkung durch den Verlust der Elternrolle müssen zeitnah bearbeitet werden, denn die Gefahr einer unangemessenen Bewältigung durch Stalking und/oder andere Handlungen ist mehrfach erhöht.

Bei eskalierten Trennungskonflikten mit gemeinsamen Kindern und Auseinandersetzungen über die Sorgerechts- und Umgangsregelungen müssen das Kindeswohl, berechtigte Elterninteressen vs. Instrumentalisierung der Kinder für Stalkingoptionen gegeneinander abgewogen werden. In Kooperation mit u. a. Jugendämtern und Familiengerichten bietet Stop-Stalking sowohl Elternteilen, die stalken, als auch Elternteilen, die gestalkt werden, eine die besonderen Umstände berücksichtigende Beratung an.
Darüber hinaus sollte auch den betroffenen Kindern und Jugendlichen ein entsprechendes Beratungs- und Unterstützungsangebot gemacht werden, entweder in einer kommunalen Erziehungs- und Familienberatungsstelle oder bei einem niedergelassenen Kinder-und Jugendpsychotherapeut*innen.

 

Stadler, L. (2009). Ex-Partner-Stalking im Kontext familienrechtlicher Auseinandersetzungen. Frankfurt: Verlag für Polizeiwissenschaft.

Fachtag der Stalking-Opferhilfe-Berlin 2010 „Und was wird aus den Kindern“ im Roten Rathaus, unter Beteiligung von Stop-Stalking-Berlin.

Fachtag der Diakonie 2011 in Köln „Wie Kinder zu Stalking-Opfern werden“, unter Beteiligung von Stop-Stalking-Berlin.